Verabschiedet an der Sitzung vom 25.3.2014
Inhalte (hide)
Weil es gute Feen nur im Märchen gibt - schaffen wir die Wunder selbst!
Unsere auf Wachstum und Renditeoptimierung ausgerichtete Wirtschaftsform bestimmt immer weitere Bereiche unseres Lebens. Nach der Finanzkrise der Nuller-Jahre nimmt der Druck auf dem Immobilienmarkt weiter zu. Anleger wie Pensionskassen, Banken, Versicherungen, aber auch Privatpersonen und KleinunternehmerInnen, sehen im Immobilienbesitz eine sichere Wertanlage, die sie renditeorientiert bewirtschaften wollen. Unterstützt wird diese ökonomische Bewegung durch die Strategie der städtischen Planungsbehörden und politischen Entscheidungsträger, welche ihre Aufmerksamkeit einseitig bis ausschliesslich auf den Wohnraum für mittelständische bis gutsituierte Menschen mit grossen Konsumbedürfnissen richten.
Ist eine Liegenschaft marktbedingt noch nicht für eine renditeorientierte Investition bereit, wird sie – oft über viele Jahre hinweg – nicht unterhalten, geradezu vernachlässigt und zwischenzeitlich zu manchmal günstigen, manchmal überteuerten Konditionen vermietet. Die Marktlage lässt es zu, dass immer MieterInnen gefunden werden. Die Immobilienverwaltung begrenzt sich in diesen Fällen auf das Eintreiben der Miete und – wenn es gar nicht anders geht - auf das Beheben der stossendsten Mängel. Da Eigentum nicht verpflichtet, lässt sich auch auf diese Weise für eine begrenzte Zeit ordentlich Geld verdienen. Eine ähnliche Dynamik entsteht, aus anderen Motiven, bei Liegenschaften in Besitz von Privatpersonen, mit einem emotionalen Bezug zu ihrem Haus. Diese EigentümerInnen sind fachlich und organisatorisch oft nicht in der Lage einen nachhaltigen Unterhalt zu betreiben, ebenso tun sie sich schwer mit ihren MieterInnen auf Augenhöhe zu kommunizieren.
Als primäres wohnungspolitisches Steuerungsmittel wird von den baselstädtischen EntscheidungsträgerInnen die Subjekthilfe praktiziert. (D.h. unter bestimmten Umständen erhalten bestimmte Gruppen von einkommensschwachen Personen einen staatlichen Zuschuss an ihre Mietkosten). Der Immobilienmarkt verhält sich interdependent zu diesen Massnahmen – neue Mietkostenobergrenzen der Behörde führen automatisch zu entsprechend höheren Mietpreisen auf dem Markt.
Die Basler Regierung sträubt sich nach wie vor gegen einen Politikwechsel hin zur Objekthilfe oder einem sozialen kommunalen Wohnungsbau.
Diese Entwicklungen führen zu Verdrängung vor allem einkommensschwacher Menschen aus ihren Lebenszusammenhängen, aus ihren Quartieren, aus ihrer Stadt.
Um sich gegen diese Entwicklungen und deren Auswirkungen zur Wehr zu setzen, ist gemeinsame zivilgesellschaftliche Selbsthilfe im Beriech des Wohnens notwendig!
Gemeinsame zivilgesellschaftliche Selbsthilfe in Form von Hausbesetzungen wird in der Region Basel von den Behörden kaum toleriert. Liegenschaften konnten auf diese Weise nur in Ausnahmefällen in solidarisches Eigentum übergehen – anders die Erfahrung aus Deutschland, wo dies in verschiedenen Städten insbesondere mit Hilfe des Mietshäuser-Syndikats mehrfach gelingen konnte (vgl. http://www.syndikat.org/).
Gemeinsame zivilgesellschaftliche Selbsthilfe in Form von MieterInnen-Kollektiven gibt es vereinzelt. Im Besten Fall entsteht aus einem Konflikt vor der Mietschlichtungsstelle ein Kollektiv, welches die Zukunft der Liegenschaft mitgestaltet.
Gemeinsame zivilgesellschaftliche Selbsthilfe in Form von Erwerb der Liegenschaft durch die BewohnerInnen wird seit längerer Zeit praktiziert. Einzelne Häuser, bisweilen Häuserzeilen, sind auf diese Weise der Spekulation entzogen worden und dienen als Good Practice Beispiele. Das Mietshäuser Syndikat Basel unterstützt dieses zivilgesellschaftliche Engagement, indem es Möglichkeiten der gemeinsamen Selbsthilfe für preisgünstigen Wohnraum aufzeigt und verstetigt.
Das Mietshäuser Syndikat Basel versteht sich als wohnungspolitische Initiative, die Vernetzung fördert, Kompetenzen erwirbt und Wissen zur Verfügung stellt.
Exkurs: Warum ein Syndikat?
Der aus der frühen französischen Gewerkschaftsbewegung übernommene Begriff Syndikat bezeichnet einen lokalen, interessensorientierten Zusammenschluss. Wie in der Idee des Syndikalismus angelegt, schliessen sich im Mietshäuser-Syndikat Basel die Akteure über die reine Interessensvertretung der Mitglieder hinaus zusammen, um eine Keimzelle des Aufbaus der gesamten Gesellschaft zu sein.
So wie die meisten Menschen „Lohnabhängige“ sind, sind in der Schweiz die meisten Menschen „Mietabhängige“. Vor allem Menschen mit kleinen Einkommen und wenig Ersparnissen haben als Individuen keine Wahl. Sie sind den Mechanismen des Wohnungsmarktes aufgeliefert und müssen oft ihr ganzes Leben um die Frage herum organisieren, wie sie wo wohnen können.
Das Mietshäuser-Syndikat Basel orientiert sich ideell am deutschen Mietshäuser Syndikat, daher rührt der gleiche Name (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Mietshäuser_Syndikat sowie www.syndikat.org)
Eigentumsneutralisierung (gemeinschaftliches Eigentum): Das Mietshäuser Syndikat Basel ist überzeugt, dass ein nachhaltiger Spekulationsentzug von Wohnraum nur über eine rechtlich abgesicherte gemeinschaftliche Eigentumsform erfolgen kann (bspw. durch eine Genossenschaft). Selbstverwaltung erfordert zudem, dass alle BewohnerInnen die gleichen Eigentumsrechte haben oder keiner Person ein alleiniges Verfügungsrecht zusteht.
Selbstorganisation: Für das Mietshäuser Syndikats Basel ist Selbstverwaltung zentral. Dies bedeutet eine gleichberechtigte Mitbestimmung aller aktiv Beteiligten (BewohnerInnen), unabhängig von ihrer finanziellen Beteiligung. Selbstorganisation beinhaltet auch die Transparenz der betrieblichen Vorgänge. Dafür sind angemessene und passende Entscheidungsstrukturen notwendig (demokratisch, Entscheidungsfindung im Konsens).
Solidarität (soziale Verantwortung gegen innen): Die gemeinschaftliche Rechtsform garantiert nicht den verantwortungsvollen sozialen Umgang miteinander. Konflikte sind unvermeidlich und die Achtsamkeit für das gemeinsame soziale Geschehen ist das eigentliche „Kapital“ dieser selbstverwalteten Projekte. Es ist unmöglich sämtliche Eventualitäten in Regeln festzuschreiben. Daher hat das Bemühen zur Konsenslösung stets Vorrang vor den staatlichen Instanzen. Kollektive Projekte sind von Zirkularität geprägt, da keine Trennung zwischen betrieblichen (z.B. Vermietung/ VermieterIn) und individuellen Interessen (z.B. MieterIn) besteht. Es muss geregelt werden, wie Personen mit geringem Einkommen und ohne Vermögen am gemeinschaftlichen Eigentum beteiligt werden können.
Solidarische Kooperation (soziale Verantwortung gegen aussen): Die Kooperation nach aussen ist eine Grundvoraussetzung für die weitere Entwicklung und Verbreitung der zivilgesellschaftlichen Selbsthilfe. Das Syndikat fördert die Teilhabe an solidarischen Zusammenhängen durch Teilgabe des erworbenen Wissens und Fähigkeiten sowie die Vermittlung von finanziellen Mitteln. Dazu findet eine Zusammenarbeit mit Wohnbaugenossenschaften, MieterInnenverband, Gewerkschaften und ähnlichen Akteuren statt.
Vernetzungsarbeit
Das Mietshäuser Syndikat Basel pflegt die Vernetzung von Personen und Organisationen, die sich für die Grundsätze engagieren. Dazu werden regelmässig Treffen organisiert.
Kompetenzerwerb
Das Mietshäuser Syndikat Basel koordiniert die vorhandenen Wissensressourcen von beteiligten Akteuren und fördert den systematischen Aufbau von Kompetenzen, die zur Umsetzung der Zielsetzungen förderlich sind.
Wissenstransfer (Beratung)
Das Mietshäuser Syndikat Basel stellt die erworbene Kompetenz interessierten Akteuren zur Verfügung, welche sich mit den Grundsätzen des Syndikats solidarisch erklären. Der Wissenstransfer erfolgt durch ein umfangreiches Beratungsangebot:
Politische Tätigkeit
Das Mietshäuser Syndikat Basel setzt sich für den Erhalt und Ausbau von preisgünstigem Wohnraum in Basel ein. Das eigene Engagement fokussiert auf den Erhalt von bereits bestehendem Wohnraum (Häuser der Spekulation entziehen). Neubautätigkeiten im preisgünstigen Segment werden begrüsst und unterstützt sofern die Absichten der BauträgerInnen mit den Grundsätzen des Mietshäuser Syndikats Basel übereinstimmen.
Die regelmässigen Treffen bilden das zentrale Entscheidungsorgan des Syndikats.
Das Mietshäuser Syndikat Basel verzichtet vorerst auf die Gründung einer eigenen Rechtsform und kann somit auch nicht das Angebot eines Solidarfonds nach Vorbild des deutschen Mietshäuser Syndikats anbieten. Die gegenwärtige Situation für die Finanzierung von Hausprojekten wird als ausreichend eingestuft, indem durch assoziierte Genossenschaften Zugänge zu öffentlichen Fördermittel bestehen (bspw. Eidgenössische Emissionszentrale für gemeinnützige Wohnungsbauträger). Daneben bestehen direkte Unterstützungsmöglichkeiten von Seiten assoziierter juristischer und privater Personen (bspw. Darlehen etc.).