Juraj Jascur

1) Sprachentwicklungsverzögerung reicht nicht aus, um das Kannersyndrom vom Aspergersyndrom zu unterscheiden. Vergessen wir diese Begriffe und beschränken uns bloss auf die beiden Ausdrücke, dysfunktionaler Autismus und hoch funktionaler Autismus. Das Aspersyndrom umfasst viele Beispiele von Menschen mit ganz bestimmten Verhaltensmustern, welche bereits Hans Asperger kennenlernen durfte. Autismus ist nur ein globaler Begriff, der uns alle betrifft. Niemand kann sich dem Autismusspektrum entziehen! Niemand!
2) Wer sich Sendungen über die klassischen Aspergerfälle angesehen hat, wird nicht umhin können, als zu der Schlussfolgerung zu kommen, dass der Begriff Aspergersyndrom ein allumfassender Begriff ist. Doch dem ist nicht so. Ich sagen, dass die Menschen dazu neigen viel zu stark auf irgendwelche Begriff herumzureiten, mit dem einen Ziel, bestimmte Gruppen von Andersdenkenen, Andersfühlenden und Andershandelnden zu klassifizieren. So einfach ist das nicht! Wir lassen uns nicht so leicht durchschauen! Wir, die Menschen, überhaupt alles intelligente Leben folgt einer Logik, die für uns nicht nachvollziehbar ist.
3) Asperger = normale Sprachentwicklung, rationell denkend, geringes Verständnis für Gefühle der Mitmenschen, et cetera, et cetera...Highfunctional Autismus = verzögerte Sprachentwicklung, aber später sich in der Gesellschaft angepasst, et cetera, cetera...Kannersyndrom = Dysfunkctional Autismus, niemals fähig mit anderen zu kommunizieren...
4) Vergesst all die Haarspalterein! Wie wäre es damit. Es gibt Menschen, die denken einheitlich, in einer Welt die zwar ganzheitlich funktioniert, aber weit davon entfernt ist, als Einheit zu wirken. Sehen wir uns doch bloss den Staat an oder all die Firmen, die genau aus dem Grund bankrot machen, weil sie vor lauter Technologie, die unser natürliches Verständnis für Kommunikation ersetzen soll, nicht über ihren eigenen Tellerrand sehen. Es sind die Normalos, die ganzheitlich, intuitiv schaltenden Wesen, die aber ganz und gar nicht normal sind. Sie sind voller Widersprüche. Mit ganzeitlich meine ich, dass sie intuitiv und kognitiv den Kontext erfassen, sich global einen oberflächlichen Überblick zu verschaffen wissen, dabei aber wichtige Details übersehen. Das ist ein Widerspruch, weil gerade die Details unser Fortbestehen nachhaltig garantieren. Ein Ganzes kann eine Ganzheit repräsentieren, obwohl es in sich völlig unheitlich ist. Das ist in der Natur überall anzutreffen. Wir haben das nicht zu bemängeln. Aber der Mensch stellt von Natur aus nicht nur ein oberflächliches Gefüge dar, sondern ein System, eine Einheit, das nach Harmonie und Perfektion schreit.
5) Vor 50000 Jahren erhielten die Menschen die Möglichkeit ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Jemand gab ihnen den Anstoss. Vielleicht war es ein "Autist", wer weiss? Der Mensch profitierte von seinem Geschenk und misbrauchte es. Er modulierte seine Umwelt so um, dass er es selbst nicht wiedererkennt. Der Autist hingegen erkennt seine Umwelt noch immer. Er ist noch genauso,wie vor 50000 Tausend Jahren. Sein Gehirn hat sich nicht gross verändert. Statt sich auf sein vernetztes Denken zu verlassen, strebt er nach Vollkommenheit und Perfektion. Der heutige Autist ist der Nachfahre von Rebellen und Kämpfern, die sich trotz ihres Andersein nicht assimilieren gelassen haben. Sie haben es nicht zu gelassen, dass sich ihr Gehirn umgestaltet hat zum Zwecke einer ökonomischen Anpassung. Vielleicht werde ich ein Buch schreiben, das sich mit der stammesgeschichtlichen Entwicklung des Menschen in den letzten 50000 Jahren befasst.
6) Hier eine Leseprobe:
Hypothese 1
Der Komplexitätsgrad der neurostrukturalen Ordnung ist nicht erschöpft. Doch die Zahl der neuronalen Verknüpfungen darf auf keinen Fall mehr reduziert werden. Es müssen neue Verknüpfungen gebildet werden.
Hypothese 2
Der Komplexitätsgrad der neurostrukturalen Ordnung ist erschöpft. Um die Gehirnleistung zu steigern, müsste man jedoch noch unzählige von neuronalen Verknüpfungen ausmerzen.
Hypothese 3a
Der Komplexitätsgrad der neurostrukturalen Ordnung ist erschöpft. Das Gehirn müsste neue Verknüpfungen bilden, um ein System erschaffen, dessen Komplexitätsgrad noch nicht erschöpft ist. Dass dabei unnötige Verknüpfungen im Rahmen einer qualitativ sinnvollen Neugestaltung eliminiert werden müssen, liegt auf der Hand.
Hypothese 3b
Der Komplexitätsgrad der neurostrukturalen Ordnung ist nicht erschöpft. Unnötige Verknüpfungen im Rahmen einer qualitativ sinnvollen Neugestaltung müssen eliminiert werden.
Hypothese 4
Der Komplexitätsgrad der neurostrukturalen Ordnung ist nicht erschöpft und wird es auch niemals sein. Das Gleichgewicht zwischen Neubildung und Eliminierung von neuronalen Verknüpfungen muss aufrechterhalten werden, um eine optimale Neustrukturierung und Weiterentwicklung des Gehirns zu gewährleisten.
Hypothese 1 scheidet meines Erachtens aus. Die Biologie geht in ihrer stammesgeschichtlichen Entwicklung immer auf Nummer sicher. Ein sich ständig weiter entwickelndes System würde sich niemals so eingleisig entwickeln, dass nur eine Variable maximal entwickelt und die andere Variable auf ein Minimum vernachlässigt wäre. Dass neue Verknüpfungen gebildet werden müssen, um die Entwicklung des Gehirns voranzutreiben, wird schon in Hypothese 3a beschrieben.
Soll ich die gefährliche Aussage wagen, nämlich, dass sich unsere neurotypische Gesellschaft in einer Sackgasse befindet? Um meinen bisherigen Ausführungen gerecht zu werden, müsste ich mich für Hypothese 2 entscheiden. Doch ich weigere mich daran zu glauben, dass der Mensch sich nicht mehr weiterentwickelt. Auch wenn es mir so erscheint, dass wir zurzeit in unserer Entwicklung stagnieren, so fehlt es mir an Wissen, um auch nur ansatzweise die Bedeutung der zeitlichen Dimension einer Evolution zu begreifen. Die Neugestaltung unseres neuronalen Netzwerkes hat sich etwa vor 50000 Jahren vollzogen. Was zu einer Abnahme der neuronalen Verknüpfungen führte. Daran knüpft wiederum Hypothese 3a. Spätestens von dem Zeitpunkt an, wo der Mensch sesshaft wurde, der Mensch sprechen, rechnen und lesen konnte, schien sich sein Gehirn nicht mehr weiterentwickelt zu haben. Das war vor etwa 5000 Jahren.
Deshalb entscheide ich mich für Hypothese 3a, 3b und 4. Hypothese 4 beschreibt das Gleichgewichtsprinzip der Natur. Die verschiedenen Variablen eines Systems entwickeln sich niemals einseitig. Würde sich eine Variable aufhören weiter zu entwickeln, veränderte sich das System. Es verlöre an Komplexität. Doch die Natur hat uns gelehrt, dass Komplexität und Reduktion sich stets die Waage halten. Hypothese 3a und 3b beschreiben nur zwei unterschiedliche Evolutionsphasen, die in Hypothese 4 berücksichtigt wird.
Ich verwerfe Hypothese 2, weil sie bloss einen Zwischenzustand in der Phylogenese des menschlichen Gehirns beschreibt, welche bereits in Hypothese 3a zum Ausdruck kommt.

Anmerkung zu Professor Dr. Gerald Hüters Aussage zu Ritalin:

Hat er Recht oder nicht? Diejenigen, die diesen von mir verfassten Bericht gelesen haben, dürfen bei aller Menschenliebe nicht ausser Acht lassen, dass nicht alle, die Ritalin verschreiben, Monster sind. Sogar in meinem Bericht handelte es sich um einen Psychiater, der nach bestem Gewissen und Willen handelte. Noch heute würde er voller Überzeugung behaupten, dass er richtig gehandelt hatte. Unser Gehirn ist noch zu wenig erforscht, als dass wir uns zu eindeutigen Aussagen befähigt fühlen dürfen. Die, die es trotzdem tun, riskieren eben, dass sie Fehler begehen oder zu einem Teil von einem fehlerhaften System werden. Irren ist menschlich und man sollte nicht alles gleich aburteilen. Aber alles unter dem Teppich kehren ist auch falsch. Ritalin ist ein Medikament. Punkt! Wieviel Schaden es bereits wegen Missbrauch und wirtschafstlichem Gewinnstreben angerichtet hat, vermag ich nicht zu erahnen. Sicherlich werde ich nicht wegschauen, sondern mit dem Finger darauf zeigen, wenn das passiert. Man sollte etwas weder beschönigen, noch überdramatisieren. Viele sind ernsthaft daraum bemüht, aus Fehlern zu lernen. Das gilt auch für diejenigen, die Ritalin verschrieben haben. Also urteilt nicht blind, denn sonst macht ihr den Fehler, in schwarz-weiss zu denken. Ritalin behebt in der Tat bei vielen Menschen bestimmte Symptome, wie Konnzentrationsstörungen, Impulsivität, et cetera. Für die einen mag es ein Verbrechen sein, Ritalin einzusetzen, für andere ein Segen. Für mich geht dieses Thema bereits ins Philosophische. Ich betrachte das menschliche Gehirn als ein einheitliches System an, das nur als ganzes zu funktionieren vermag, wenn man es Zeit lässt zu gedeihen. Doch genau das hat man in den letzten 50000 Jahren immer mehr versäumt zu tun.
Vor schätzungsweise 50000 Jahren erkannten einige Andersdenkenden, wie man sich gewisse Tätigkeiten erleichtern konnte. Diese Erkenntnis basierte auf einen Impuls, der von innen kam. Die breite Masse folgte blind diesem Impuls und ehe sie es sich versah, beteiligte sie sich aktiv an einem Prozess, der von untragbarer Bedeutung war. Was für Folgen das für die Menschheit hatte, war zu der Zeit niemandem bewusst, vielleicht sogar am allerwenigsten, den weltfremden Genies, die diese Veränderung eingeleitet hatten. Nicht Ambitionen, Gier, Machthunger oder das Befürfnis nach Anerkennung befähigten sie zu diesem revolutionären Gedankesimpuls, sondern die kindliche Neugierde und das unschuldige Bedürfniss sich zu verwirklichen,
Während sich der Andersdenkende zurückzog, um neue Ideen zu entwickeln, begann der Normale, so nenne ich all die klassischen Neurotypen, die Welt zu verändern. Die Welt veränderte sich und veränderte auch den Menschen. Der Andersdenkende jedoch schaffte es sich selbst treu zu bleiben. Er überstand all die zig Tausend Jahre voller Demütigungen, Misshandlungen und Ausgrenzungen. Wie stark musste er sein, um nicht unterzugehen? Das waren Krieger, Kämpfer, Ritter, Cowboys, die sich gegen den Rest der Welt stellten, sich weigerten mit dem Strom der Zeit zu fliessen. Wenn man bedenkt, dass nur die wenigsten von ihnen sich dazu durchringen konnten, sich fortzupflanzen, dann grenzt es schon glatt an ein Wunder, dass es heute noch "schräge Vögel" gibt. Also, an alle, die sich für arme Autisten, Aspies oder sonst Angehöriger einer benachteiligten Minderheit halten, ihr seid vielleicht die Nachfahren von Erfindern, Schöpfern, Kämfpern und Individualisten. Das es euch gibt ist ein wahrer Segen!!!

  
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