Juraj Jascur

C) Die Kontextfähigkeit

Wer mein Buch, «Das vernetzte Denken», gelesen hat, wird sich vielleicht noch daran erinnern, wie ich das sekundäre System als ein verschlüsseltes Verschaltungsnetz beschrieb, das im Verborgenen, also im Unterbewussten arbeitet. Damit meinte ich den Kontext. Er umschreibt all die Vorgänge, welche automatisch passieren, und für ein reibungsloses Funktionieren sorgen. Die meisten Menschen sind sich noch nicht einmal ihres gegenwärtigen Momentes bewusst. Wenn sie in der Öffentlichkeit auftreten, verschwenden sie keinen bewussten Gedanken mit sich selbst. Sie filtern sozusagen alles vermeintlich Unnütze aus ihrem Bewusstsein, um ihren Fokus auf ihre Umwelt zu richten. Statt sich damit auseinander zu setzen, was das Gegenüber über einen denken kann, konzentrieren sie sich nur auf seine Worte. Sie halten es für kindisch, wenn man sich ständig darüber Sorgen macht, was die anderen von einem halten.
Zu Recht schreiten sie gelassen durch die Umwelt, ohne sich ständig bewusst mit sich selbst befassen zu müssen. Denn sie können sich voll und ganz auf ihren Kontext verlassen. Es ist derselbe Kontext, der sie unbewusst komplexe Aufgaben bewältigen, neue Strukturen erlernen und sich geistig, seelisch, wie auch körperlich, sowohl im öffentlichen, als auch im privaten Leben bewähren lässt. Doch dieser Kontext ist nicht bei allen gleich gut entwickelt. Bei dem einen oder anderen hapert es an manchen Stellen. Ich vermute, dass Menschen, die zu stark auf sich selbst bezogen sind, Mängel im Kontext aufweisen. Die unbewusste Brücke zu ihrem Innern verläuft nicht reibungslos, was dazu führt, dass sie auf die eine oder andere Weise kompensieren. Einige belächeln manchen Selbstverliebten. Was viele dabei ausser Acht lassen, ist die Tatsache, dass der Narzisst bloss darum bemüht ist, sich selbst wahrzunehmen. Der Bezug zu sich selbst findet bei ihm verstärkt auf der bewussten Seite statt, da bei ihm die unbewussten Automatismen zu wenig entwickelt sind.
Menschen mit einer verminderten Kontextfähigkeit denken bewusster, transparenter und weniger stabil. Es fehlt eine klare Trennung zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein. Das liegt wohl daran, dass es bei ihnen weniger zu verbergen gibt. Ihre Gedanken, Gefühle und Handlungen sind weniger verschlüsselt. Ihr Bewusstsein begleitet sie bei allem, was sie tun, fühlen und denken. Dabei lassen sich unkontrollierte Impulse aus dem Innern, also dem Unterbewusstsein nicht vermeiden.

  
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