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Das IGA Café vom 15.12.2005 zum Thema Grundeinkommen

Gast: Rolf Küttel, Soziologe, Mitglied BIEN-CH

In den letzten 5-6 Jahren, ist die Diskussion betr. Grundeinkommen, im Sozialsystem wieder aktiv hervorgetreten. Früher hatten die „Grünen" in den 80er-Jahren Grundeinkommen-Debatten geführt. Diese waren moralisch-ethisch geprägt und griffen auch ökologische Aspekte auf.

R. Küttel erörtert nun seinerseits die Befürwortung der Einführung eines Grundeinkommens durch die offensichtliche Notwendigkeit von dringend anstehenden Änderungen im sozialen und gesellschaftlichen System. Denn die Sozialhilfe wurde ursprünglich für extreme Sozialfälle (Not-Lebenssituationen) eingeführt und kann nicht mehr als Auffangbecken für immer mehr Menschen dienen, die durch die heutigen Verhältnisse, von Armut betroffen werden.

Ausgehend vom Begriff des Fordismus, entwickelte er seine Gedankengänge. Seit dem 2. Weltkrieg, ist die Massenproduktion und Vollbeschäftigung in der sogenannten Wiederaufbauphase entstanden, die hauptsächlich den Männern als Ernährern der Familie Vollzeitbeschäftigung gab und diesen gleichzeitig eine soziale Sicherheit gewährleistete, wie langfristige Arbeitsverhältnisse beim gleichen Arbeitgeber und/oder Gewährleistung des Arbeitsplatzes bis zur Pensionierung hin. Die Frauen führten meistens Reproduktionsarbeiten aus, denn sie waren mehrheitlich nach diesem gesellschaftlichen Konzept durch den Familienernährer versorgt. (Ob dies den Frauen so zugesagt hat, ist eine andere Frage und Debatte wert.)

Unser jetziges soziales Versicherungssystem war durch diese Grundlagen konstituiert, stützte sich auf diese und funktionierte dementsprechend. Dies kann heutzutage nicht mehr gewährleistet werden. Trotzdem pochen die meisten Politiker(-innen) noch auf Vollbeschäftigung. Die Gewerkschaften ihrerseits fordern generell Arbeitszeitverkürzung, was in sich wiederum ein Recht auf Arbeit und ein Recht auf ein Einkommen beinhaltet.

Die aktuellen Arbeitgeberstrategien

1. Strategie der generellen Lohnsenkung Die Arbeitgeber wiederum fordern mehr Flexibilität für den Arbeitsmarkt, weil die Gesetzesgrundlagen, sie für ihre Abläufe und Vorhaben hemmen. Sie gehen die Strategie einer generellen Lohnsenkung an und argumentieren dadurch mehr Arbeitsplätze zur Verfügung stellen zu können. Aber wir können hier nicht Verhältnisse wie in China oder Korea einführen, um dadurch quasi einen Konkurrenz-Arbeitsmarkt zu bilden.

2. Kürzungsstrategie

Der Niedriglohnsektor in den USA z.B. (vor allem im Gastgewerbe) fördert working poors. Neue Armut entsteht dadurch. Working poors können trotz Vollbeschäftigung und über dieses Mass hinausgehend, von ihren Lohneinkünften, sich nicht ihre Existenz sichern und müssen noch Anträge für Sozialhilfebezug stellen.

3. High tech-Strategie

Durch eine Förderung der Hochtechnologie und Innovation erhoffte man sich wieder vermehrt Arbeitsplätze zu gestalten, aber auch hier konnte dieser Zug, den Traum der Wieder-Vollbeschäftigungsphase nicht erfüllen. (Siehe den aktuellen Überfluss an Programmierern und Informatikern auf dem Arbeitsmarkt.)

Arbeitsmarkt

Da der Arbeitsmarkt keine Quelle mehr für ein gesichertes Einkommen ist und dies nicht mehr hergeben kann, muss der Sozialversicherungsmarkt dementsprechend geändert werden. Eine Trennung von Arbeit und Einkommen, ist notwendig.

Die Vollbeschäftigung als politisches Ziel würde dann seine Präsenz verlieren, wenn nebenbei eine andere Existenzsicherung gegeben wäre.

Die These von R. Küttel ist, dass ein Grundeinkommen mehr Menschen den Eintritt in den Arbeitsmarkt ermöglicht, da sie durch dieses einerseits ein Einkommen haben und anderseits nach ihrer Wahl, eine Teilzeit- oder Vollbeschäftigungs-Arbeitsstelle annehmen könnten. Ein Grundeinkommen würde kein Luxusleben ermöglichen und da sich viele Menschen an ein Leben im Konsum gewöhnt haben, würden sie deswegen Lohnzusätze als Arbeitnehmerinnen wollen und Arbeitsverhältnisse eingehen. Die wirtschaftlichen Arbeitsverhältnisse würden auch flexibler werden. Gleichzeitig würde durch ein Grundeinkommen die Gefahr von Ghettobildungen und Stigmatisierung von Teilen der Gesellschaft wegfallen.

Finanzierungsmodalitäten

Es gibt verschiedene Modelle.
- ein Grundeinkommen ab Geburt, in Staffel
- ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle, ob arm oder reich
- ein garantiertes Mindesteinkommen für Armutsbetroffene, Bedürftige, d.h. ein bedarfsortientiertes Grundeinkommen

Das garantierte Mindesteinkommen GME weist 2 Modelle auf:

1. bedarfsorientiert via Sozialhilfe, als Grundsicherung, Arbeitslosenversicherung, IV-Rente

2. Sozialdividende bedingungslos, aber nicht existenzsichernd, nur basal, aber durch die Bedingungslosigkeit, eine Unabhängigkeit mit sich bringend.

3. Die Negative Einkommenssteuer-Finanzmodalität, ein Modell, das bekannt geworden ist.

Die Einführung des Grundeinkommens

Warum wäre die Einführung des Grundeinkommens sinnvoll für die Gesellschaft?

Grundsätzlich ist die Finanzierung des Grundeinkommens, eine Frage des politischen Willens. Nicht, wie viel Geld ist dafür vorhanden, ist die Frage, sondern, wie viel will man dafür einsetzen. Früher waren enorme Menschenmassen als Arbeitskräfte von Nöten (Industrie, Fabriken), heute ersetzt der technologische Fortschritt hauptsächlich diese Arbeitskräfte. Es sind durch den Wegfall der Einkommen, Lösungen erforderlich.

Für die Finanzierung eines Grundeinkommens fordern z.B. die Linken, die Einführung einer Erbschafts- oder Vermögenssteuer.

Der zur Zeit bekannt gewordene Werner Götz in den Grundeinkommen- Debatten, Unternehmer und Geschäftsführer einer Drogerie-Kette in Deutschland, spricht sich dafür aus, dass das Grundeinkommen durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer bis zu (50%) finanziert werden soll und im Gegenzug das Steuersystem gekürzt werden kann und auch keine Gewinnsteuern mehr verrechnet werden. (Bezahlt schlussendlich der Konsument diese Umstrukturierungen, darunter auch diejenigen, die über ein schmales Budget verfügen? Für die Letzteren wäre dies eine enorme Mehrbelastung, denn die Kaufkraft würde durch die Mehrbelastung (Erhöhung der Mwst auf 50%) sehr sinken.)

Wie lässt sich das Grundeinkommen realisieren?

Grundsätzlich, ist das Grundeinkommen in der Schweiz vor allem noch wenig bekannt. Diesbezügliche Diskussionen müssen gestartet werden. Die Menschen reagieren unterschiedlich. Ein Teil, ist sogleich begeistert und bejaht die Einführung des Grundeinkommens, ein anderer Teil findet nur langsam den Zugang zu dieser Idee, da die herkömmlichen Verhaltensmuster, Ansichten etc. diesen blockieren. Viele Vorurteile müssen angegangen werden.

Diffamierungen, wie z.B. SchmarotzerInnen über evtl. BezügerInnen eines Grundeinkommens (wenn bedarfsorientiert und nach Segment) und dergleichen mehr kursieren reichhaltig.

Das Grundeinkommen muss nach und nach entwickelt werden. Man kann es nicht einfach abwarten. Es, ist eine kontinuierliche Aufbauarbeit nötig.

Der Arbeitsbegriff muss erläutert werden. Arbeit bedeutet heute was anderes als früher. Der Übergang zur selbstbestimmten Arbeit und doch der Wirtschaft entsprechend wird viel Gesprächsstoff bieten. Einerseits soll die Wirtschaft nicht untergraben werden, sie ist ein Teil der Gesellschaft, anderseits sollten alle Tätigkeiten als Arbeit anerkannt werden: Vollzeit- und Teilzeitarbeit (Lohnarbeit sind ja anerkannt), alle weiteren Tätigkeiten und Benevol aber auch. Was die Gestaltung einer sinnvollen Wirtschaft an sich selber angeht, das obliegt vom Inhaltlichen her allen daran beteiligten Menschen. Eine der Kernfragen für die Debatte ist: Lebt der Mensch für die Arbeit oder für das, sein Leben?

Bei einer Einführung, eines Grundeinkommens kann jeder/jede handhaben und sein/ihr Leben so gestalten wie er/sie möchte und über die Integration in das und/oder Mitgestalten des Wirtschaftlichen selbständiger entscheiden. Jede/r soll das tun, was ihm/ihr Freude macht, was er/sie anstrebt und verwirklichen möchte. Durch die Grundeinkommen-Einführung würden auch Ghetto-Bildungen oder z.B. Einführung von Sicherheits- oder Privatpolizeikräften, die bestehende Güter schützen sollen etc. vermieden werden

Da das Grundeinkommen und dessen Einführung alle angeht, wäre dies ein neuer einzuführender Gesellschaftsvertrag.

Prinzipiell stehen wir vor der Situation, wie damals die GSoA. Ein Tabu (das Geld, Werte) muss angegangen werden.

Alaska

Gestreift wurde, dass es in Alaska, eine Gelder-Zuweisung für alle gibt. Dieses Modell, ist aber ein Spezialfall. Jede(r) Bürger(-in)und jedes Kind erhält jährlich 1'500 $. Finanziert wird dies durch Ertragsdividenden von Rohöl-Verkäufen und so umverteilt. Bedingungslos und steuerfrei.

http://www.apfc.org/

Fordismus:

Als den Fordismus bezeichnen vor allem Neo-Marxisten ein nach dem Ersten Weltkrieg etabliertes Gesellschaftsmodell. Geprägt wurde der Begriff von Antonio Gramsci. Benannt ist es nach dem industriellen Henry Ford, dessen Organisation von Arbeit und Kapital als typisch für die gesamte Epoche angesehen wird. Mit der Theorie des Fordismus soll ausgehend von marxistischen Grundsätzen erklärt werden, wie es zur Entwicklung des Sozialstaats anstelle des eigentlich zu erwartenden krisenhaften Zusammenbruchs des Kapitalismus kam. Fordismus basiert auf stark standardisierter Massenproduktion und -konsumption von Konsumgütern, in wissenschaftlich optimierter Fließbandarbeit, dem Taylorismus, einer gewissen Partnerschaft zwischen Arbeiter und Unternehmer sowie einer Lohnentwicklung in Höhe von Produktivitätsfortschritt plus Inflationsrate. Die fordistische Lohnentwicklung wurde seit Ende der 60er Jahre zu einem Hemmschuh der kapitalistischen Entwicklung. Folglich begann im Postfordismus die Lohnquote als Anteil des BIP in den meisten Industrieländern zu sinken. Weitergehend beruht sie auf den Entwicklungen des New Deals: sozialen Sicherungssystemen, lebenslanger Anstellung bei einem Arbeitgeber und einer weitgehenden Vollbeschäftigung. Die Entwicklungen des Sozialstaats werden als Abkommen zwischen Arbeitern und Kapital verstanden: die Arbeiter werden am Wohlstand beteiligt, Frauen leisten die notwendige Reproduktionsarbeit, durch beides steigt der Absatz und die kapitalistische Akkumulation kann sich fortsetzen. Die fordistische Organisation nach der Gesellschaft wurde seit Ende der 1960er abgelöst. Neuere Entwicklungen bezeichnet die Theorie als Toyotismus oder Postfordismus. Die dystopische Zukunftsvision im Roman „Schöne neue Welt" baut auf dem Fordismus auf. Quelle: Wikipedia

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